Hardware-in-the-Loop für Gebäudeenergiesysteme

 

Die Gebäudeenergiesysteme von morgen werden komplexer und vielfältiger. Mit unserem Hardware-in-the-Loop-Verfahren bringen wir ein gesamtes Gebäudeenergiesystem in unsere Labore und vereinen damit die Vorteile aus dem Feld mit den Vorteilen des Labors.

Bei unserem Hardware-in-the-Loop-Verfahren für Gebäudeenergiesysteme wird reale Hardware mit dynamischen Simulationsmodellen echtzeitfähig gekoppelt. Dabei ist die Grenze zwischen Hardware und Simulation frei wählbar. In der Regel werden aber komplexe Komponenten des Energiewandlungssystems, zum Beispiel eine Wärmepumpe oder ein PV-Wechselrichter, als reale Hardware im Labor verbaut. Bestandteile, die nicht zum technischen Versorgungssystem gehören, wie die Gebäudehülle, können durch eine dynamische Simulation abgebildet werden. Nach der Kopplung der vorliegenden Hardware mit der modellierten Software sind die Zustände der Komponenten voneinander abhängig. Befindet sich die Wärmepumpe beispielweise in einer Störung, kühlen die Räume im betrachteten Gebäude mit der Zeit aus. Somit sind hochdynamische Tests unter breiten Randbedingungen und hoher Wiederholbarkeit durchführbar.

  Schematischer Aufbau des HiL-Verfahrens für Gebäudeenergiesysteme Urheberrecht: © EBC

Neben ökonomische und ökologische Kennzahlen in Bezug auf das Energiewandlungssystem können wir durch unsere Infrastruktur auch Größen aus der Simulation bewerten, beispielsweise den Nutzerkomfort. Häufig sind Jahreskennzahlen von besonderer Bedeutung und stellen damit Labore vor großen Herausforderungen, denen wir wissenschaftlich begegnen. Unsere entwickelte Methodik ermittelt durch ein mathematisches Clustering-Verfahren repräsentative Tage, denen ein Gebäudeenergiesystem im Jahresverlauf unterliegt. Dadurch können wir mit unserem Hardware-in-the-Loop-Verfahren Jahreskennzahlen in wenigen Tagen ermitteln.

Zusammenfassend kann bei uns eine zu testende Komponente an einem beliebigen Standort der Welt mit einem beliebigen Gebäude zu einem Gebäudeenergiesystem verbunden werden und durch ganzheitliche Kennzahlen bezogen auf ein Jahr bewertet werden.

 

Prüfstände zur Emulation der Randbedingungen

HiL Prüfstand Urheberrecht: © EBC

Die Grenze zwischen realer Hardware und digitaler Komponente kann in unserem Verfahren fließend sein. An jedem Schnittpunkt der Grenze müssen die aktuellen digitalen Daten in eine reale Emulation übertragen werden. Das bedeutet beispielsweise für das Wärmeverteilsystem, dass die errechneten Wärmeströme durch einen Wasservolumenstrom und einer Temperatur von einem Prüfstand bereitgestellt werden müssen. Die Umgebungsbedingungen, die großen Einfluss auf das Wärmeerzeugersystem nehmen können, müssen emuliert werden. Für digitale Schnittstellen wird ein einheitliches Netzwerkprotokoll genutzt.

 

Diese Herausforderungen werden in unseren Laboren durch drei Hardware-in-the-Loop-Prüfstände gelöst. Drei Prüfstände bestehen jeweils aus einem Hydraulikprüfstand, einer Klimakammer und einer Cloud-Dateninfrastruktur. Die Sensoren und Aktoren werden mit modernster SPS-Technik hochfrequent ausgelesen und gesteuert. Zusätzlich werden innovative Regelalgorithmen in höheren Programmiersprachen eingesetzt, um den hohen Anforderungen der dynamischen Messmethode gerecht zu werden.

Die Hydraulikprüfstände bestehen aus bis zu acht parallel betreibbaren Kreisen, die sich durch unterschiedliche Leistungsklassen auszeichnen. Dadurch können verschiedene Leistungsklassen abgedeckt werden, die zur Emulation des Heiz- und Trinkwarmwasserbedarf von Ein- und Mehrfamiliengebäuden dienen. Die Kopplung der Prüfstände an die Fernwärme- und Fernkältenetze des RWTH Campus ermöglicht eine stabile Energieversorgung.

Die Klimakammern der Prüfstände ermöglichen die präzise Steuerung der Lufttemperatur und -feuchtigkeit. Dazu wird eine raumlufttechnische Anlage eingesetzt, die in der Lage ist, eine Umgebungstemperatur zwischen -20 °C und +40 °C und eine relative Luftfeuchtigkeit zwischen 20 % und 95 % zu erzeugen. Dazu werden in der Anlage elektrische Heizregister, Dampfbefeuchter und mehrere Wärmeübertrager eingesetzt. Dazu wird die raumlufttechnische Anlage durch eine Tieftemperaturkältemaschine versorgt.

Zusätzlich nutzen wir einen Prüfstand für elektrische Komponenten, wie PV-Anlage und Batteriesysteme. Dieser Prüfstand übernimmt die Verteilung der elektrischen Energie und erfasst sämtliche elektrischen Energieflüsse hochpräzise. Sowohl die elektrische Erzeugung als auch der elektrische Verbrauch können emuliert werden.

 

Simulation

Die Simulationsseite im Hardware-in-the-Loop Verfahren wird durch hochaufgelöste, dynamische Simulationsmodelle abgebildet. Dazu wird überwiegend auf Modelle in der Modellierungssprache Modelica zurückgegriffen. Bei digital eingebundene Regler können auch Programmiersprachen wie Python oder Matlab/Simulink eingesetzt werden.

Gebäude können in der tiefsten Detailstufe raumaufgelöst dargestellt werden. Dabei werden äußere Randbedingungen, wie Temperatur und solare Einstrahlung präzise berücksichtigt. Für das Wärmeübergabesystem stehen Modelle für Radiatorsysteme genauso zur Verfügung wie für Fußbodenheizungssysteme und Betonkernaktivierung. Dabei kann jeder Heizkreis durch einen im Modell integrierten Regler oder durch eine andere Software extern gesteuert werden. Weitere Komponenten, die simulativ eingebunden werden können, sind thermische Speicher, Photovoltaik- und Solarthermiesysteme, Batteriesysteme und Geothermiesonden.

 

Kommunikation- und Dateninfrastruktur

Kommunikation in HiL Urheberrecht: © EBC

Die Kommunikations- und Dateninfrastruktur verbindet einerseits sämtliche Komponenten miteinander und bildet darüber hinaus eine Monitoring- und Überwachungsplattform. Die Übertragung der Datenströme erfolgt über das offene Netzwerkprotokoll MQTT. Alle Daten werden zu einem zentralen Broker geschickt und von dort weiterverteilt. Die Speicherung sämtlicher Daten wird von Zeitreihen- und SQL-Datenbanken erledigt. Zur Visualisierung werden moderne Webanwendungen angewendet, die aus dem World-Wide-Web erreichbar sind. Dies ermöglicht eine Echtzeitüberwachung und Visualisierung, auch für unsere Projektpartner.

 

Hardware-in-the-Loop Prüfstände

  1. HiL 1
  2. HiL 2
  3. HiL 3
  4. CHiL